„Sammelunterkünfte sind keine Lösung!” - Aufruf zum Kurswechsel der Kooperation für Flüchtlinge in Brandenburg zum Welt-Habitat-Tag 2023
Brandenburg, 29.09.2023 – Zum UN-Welttag des Wohn- und Siedlungswesens (Welt-Habitat-Tag) am kommenden Montag fordert die Kooperation für Flüchtlinge in Brandenburg (KFB) die Verbesserung der Wohnsituation für geflüchtete Menschen in Brandenburg. Sie ruft Land und Kommunen zum Kurswechsel auf.
Ein Großteil der geflüchteten Menschen in Brandenburg ist in beengten Sammelunterkünften ohne ausreichende Privatsphäre untergebracht. In der aktuellen Debatte wird dabei der Anschein erweckt, dieser Zustand sei allein auf den starken Anstieg von Neuankommenden zurückzuführen. Aus dem Blick gerät jedoch, dass Schutzsuchende in vielen brandenburgischen Landkreisen und Kommunen bereits seit Jahrzehnten überwiegend in zentralisierten Sammelunterkünften untergebracht werden. Diese bevorzugte Praxis der Unterbringung belastet nicht nur die psychische Gesundheit der Menschen, die dort längerfristig leben müssen, sondern führt auch zu deren gesellschaftlicher Ausgrenzung.
„Jeder Mensch hat ein Recht auf menschenwürdiges Wohnen. Das ist keine Luxusforderung, sondern ein grundlegendes Menschenrecht gemäß Artikel 11 des UN-Sozialpakts”, betont Vincent da Silva vom Flüchtlingsrat Brandenburg. „Nicht der aktuell verstärkte Zuzug, sondern die seit Jahren verfolgte Politik der ausgrenzenden Massenunterbringung hat zu den Unterbringungsproblemen geführt, die heute allseits beklagt werden. Ein grundlegender Paradigmenwechsel in der Unterbringungspolitik ist daher längst überfällig”, merkt da Silva an.
Nach Meinung der KFB gibt es dabei konkrete Maßnahmen, die bereits kurzfristig Wirkung zeigen würden: So sollte beispielsweise am Modell einer flexibleren Unterbringungspolitik angeknüpft werden, wie sie bei der Aufnahme Schutzsuchender aus der Ukraine angewandt wurde. Dies entlastet die Kommunen, erleichtert die dezentrale Unterbringung und schafft dadurch viel effektiver angemessene Wohnverhältnisse. Die starren Verteilregeln auf Länder und Kommunen sollten aufgeweicht werden, damit Schutzsuchende mit familiären oder sozialen Netzwerken von diesen profitieren können. Und für diejenigen, die eine passende Wohnung finden, sollte die Wohnsitzauflage mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden.
Ausgewogene Wohnungspolitik fördert soziale Gerechtigkeit
Für eine nachhaltige und tiefgreifende Verbesserung der Situation bräuchte es nach Ansicht der KFB dann aber zusätzlich vor allem langfristig angelegte Maßnahmen. „Es ist dringend erforderlich, dass Bund, Land und Kommunen langfristig in den sozialen Wohnungsbau investieren, um menschenwürdige Wohnverhältnisse für geflüchtete Menschen sicherzustellen”, fordert Lisa Schmidt von KommMit-PSZ, Projektkoordination der KFB. Die KFB ist davon überzeugt, dass dies der ganzen Gesellschaft in Brandenburg und Deutschland insgesamt zugutekommen wird.
„Der knappe Wohnraum ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nicht nur geflüchtete Menschen betrifft. Eine ausgewogene Wohnungspolitik fördert soziale Gerechtigkeit und trägt zur Schaffung einer inklusiven und vielfältigen Gesellschaft bei. Davon profitieren letztlich alle Menschen”, hebt Schmidt hervor. Die KFB appelliert daher an die Bundesregierung und die Landesregierung Brandenburgs, diesen dringenden Bedarf zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die Sicherung angemessener Wohnverhältnisse für geflüchtete Menschen ist nicht nur eine moralische Pflicht, sondern ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechteren und solidarischen Gesellschaft.
Hintergrund:
Die Kooperation für Flüchtlinge in Brandenburg setzt sich aus verschiedenen Organisationen zusammen, darunter KommMit – für Geflüchtete und Migrant:innen e.V. – PSZ Brandenburg (Projektträgerin), Evangelischer Kirchenkreis Oberes Havelland, Hoffnungstaler Stiftung Lobetal, ESTAruppin, Kirchenkreis Wittstock-Ruppin, das Fachgebiet „Soziologie für die Soziale Arbeit” der BTU Cottbus-Senftenberg und der Flüchtlingsrat Brandenburg.
Das Projekt „Verbesserung der Aufnahmebedingungen für Schutzsuchende, Schutzberechtigte und vorübergehend Schutzberechtigte in Brandenburg (VASiB)” wird neben dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MSGIV), der UNO-Flüchtlingshilfe, der Diakonie Katastrophenhilfe, aidFIVE, der abriporta Stiftung, der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).